The Cuban Orquesta

Renacimiento

The Cuban Orquesta bei Proben in der Villa Franck

Begleiten Sie uns auf einer musikalischen Zeitreise durch das vorrevolutionäre Kuba. Musik und Tanz erzählen von afrikanischen Göttern, der feinen Gesellschaft am Hofe, den „besseren“ Klubs Havannas und von Unabhängigkeitskriegen.

Am Anfang

Unsere Reise durch Kubas Musikgeschichte nimmt ihren Anfang im ausgehenden 18. Jahrhundert, einer Zeit, als Kuba seinen Aufstieg zum weltweit bedeutendsten Zuckerproduzenten antrat. Reiche Zuckerbarone ließen sich von Architekten aus Europa prächtige Villen und Paläste bauen und statteten sie mit Bildern und Kunstgegenständen der Alten Welt aus. In diesen Kreisen war vorwiegend die Musik der europäischen Hofgesellschaften populär.

Der Bedarf an billigen Arbeitskräften war enorm, was den Sklavenhandel zum Blühen brachte. Mitte des 19. Jahrhunderts lebten etwa eine halbe Million afrikanischer Sklaven auf Kuba. Ihre Lieder aus der Heimat erzählten von ihren Göttern, Liebe und Sehnsüchten, enthielten versteckte Botschaften des Widerstands und der Hoffnung und spiegelten Erinnerungen an ihre Heimat sowie die Erfahrungen der Versklavung und ihres Lebens in der Diaspora wider.

In dieser Zeit entstand die Rumba. Zunächst dominierten afrikanische Einflüsse, doch mit der Zeit verschmolzen sie mit europäischen Instrumenten und Melodien. Die Rumba wurde zum Inbegriff kubanischer Musik und Tanz. Die Reichen spielten Sie in ihren Salons und die Armen tanzten sie in den Straßen. Sie wurde in Kirchen gesungen und in Bordellen gehört. Die Rumba verband alle Gesellschaftsschichten und gelangte schließlich zur heute bekannten Form.

Interessanterweise wird die traditionelle, unverfälschte Rumba in ihrer Urform heute noch auf Kuba bei Santería-Zeremonien gehört und getanzt. Dort vermittelt sie die Geschichten der Orishas, der Götter der Santería, und dient als zentrales Instrument für Trance und spirituelle Kommunikation.

Eine traditionelle Rumba, wie sie noch heute zu verschiedenen Anlässen, etwa einer Santería vorgetragen wird.

Die Verschmelzung

Andere Musikgenres nahmen die umgekehrte Entwicklung. Sie kamen aus Europa und trafen in Kuba auf die Traditionen afrikanischer Kulturen. So etwa die Contradanza, ein im 18. und 19. Jahrhundert beliebter Gesellschaftstanz des europäischen Adels. Die berühmten Komponisten Mozart, Beethoven und Haydn schrieben ebenfalls Stücke für die Contredanse, wie sie in Frankreich genannt wurde.

Manuel Saumell Robredo (1817–1870), der als Vater der kubanischen Klaviermusik gilt, war der bedeutendste Komponist und Arrangeur kubanischer Contradanza. Trotz seines kurzen und von Armut geprägten Lebens hinterließ er der Nachwelt über 50 Contradanza. Eine seiner bekannten Kompositionen ist »Los Ojos de Pepa«, benannt nach »Pepa«, dem Kosenamen für Josefa, eine Frau. Bemerkenswert in diesem Stück ist der deutliche Einfluss der kubanischen Rhythmik und Perkussion.

»Los ojos de Pepa« von Manuel Saumell Robredo, interpretiert von The Cuban Orquesta.

Die Kür

Kuba zeichnete sich nicht nur durch die Aufnahme und Verschmelzung verschiedener Einflüsse aus, sondern schuf auch gänzlich Neues. Im 19. Jahrhundert entstand auf der Insel die Habanera, ein innovativer Musikstil, der aus der Contradanza hervorging. Die Habanera legte den Grundstein für weitere bedeutende Genres, wie den Danzón und den argentinischen Tango, der seinen charakteristischen Rhythmus der Habanera verdankt.

Der Danzón, seinerzeit der Nationaltanz Kubas, entstand Ende des 19. Jahrhunderts parallel zum berühmten und heute weltweit populären Son. Während der Danzón die Charakteristika seiner aristokratischen Vorgänger Contradanza und Habanera übernahm, verband der volkstümliche Son spanische Melodien mit afrokubanischen Rhythmen.

Der Son entwickelte sich zeitgleich mit dem Danzón und wurde schnell zum Inbegriff kubanischer Musik. Er zeichnet sich durch eine einzigartige Verschmelzung spanischer Gitarrenklänge mit afrikanischen Trommelrhythmen aus. Der Son wird oft als »Grundstein« der modernen lateinamerikanischen Musik bezeichnet. Seine eingängigen Melodien und mitreißenden Rhythmen haben ihn nicht nur in Kuba, sondern auch international populär gemacht. Der Tanz zum Son ist lebhaft und ausdrucksstark, geprägt von fließenden Bewegungen und intensivem Zusammenspiel der Partner.

Die Danzonete entstand in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts aus einer Synthese von Danzón und Son. Sie behält den charakteristischen Rhythmus des Danzón bei, bereichert ihn jedoch mit Elementen afrokubanischer Perkussion und Gesang. Die Themen und Texte der Lieder sind oft romantisch und von Alltagserlebnissen inspiriert. Der dazugehörige Tanz bewahrt die Eleganz des Danzón, nimmt aber durch lebhaftere Schrittfolgen und eine entspanntere Haltung deutlich afrokubanische Einflüsse auf.

»Esas si son Cubanas«, eine Danzonete von Ignacio Piñeiro Martínez, interpretiert von The Cuban Orquesta.

Der Mambo entwickelte sich in den 1930er und 40er Jahren als eine weitere innovative Fusion kubanischer Musikstile. Er entstand aus einer Weiterentwicklung des Danzón, angereichert mit Elementen des Son und des US-amerikanischen Jazz. Seine energiegeladene Musik inspirierte einen ebenso dynamischen Tanzstil, der sich durch schnelle Drehungen, komplexe Schrittfolgen und ausgeprägte Hüftbewegungen auszeichnet. Der Mambo eroberte rasch die internationalen Tanzflächen und wurde zu einem der einflussreichsten lateinamerikanischen Musikstile des 20. Jahrhunderts, der bis heute Musiker und Tänzer weltweit begeistert.

»Mambo«, eine Komposition von Orestes López aus dem Jahr 1937. Sein Bruder Israel »Cachao« López gilt als der eigenliche Erfinder des Mambo.